Verschiedene Wege führen nach New York oder London

Englisch für Kinder / Oktober 1998, "Sonntags-Zeitung"

Symbolbild zum Thema Familie

Yannick, 8, will Englisch lernen. Seit kurzem sind Kinder in der Schule, mit denen er zwar problemlos Fussball spielen, sich aber nur schlecht darüber verständigen kann, wer wen am Nachmittag besuchen kommt: Ein Spanier, ein Engländer, die erst in Ansätzen deutsch können, aber die Weltsprache perfekt beherrschen. Seitdem Yannick lesen kann, realisiert er zudem viel stärker als vorher, wieviele Wörter des täglichen Gebrauchs aus dem Englischen stammen: Velo-Shop, Blue Jeans, T-Shirt, cool. Da könne es doch keine Hexerei sein, gibt er sich selbstbewusst, die ganze Sprache zu lernen.

Zu allem hin hat seine Lehrerin mit der Klasse jetzt auch noch das erste englische Lied einstudiert, das die Buben und Mädchen lieben. Begeistert und stolz singen sie bei jeder Gelegenheit: "Pussycat, Pussycat, where have you been? I've been in London to visit the Queen."

Nun sind die Eltern gefordert. Die Debatte um das Frühenglisch, das heisst den Beginn der Fremdsprachschulung bereits ab erster oder zweiter Primarklasse, ist zwar in aller Munde, doch deren Realisierung - mit Ausnahme von einzelnen Versuchsgemeinden - nach wie vor Zukunftsmusik. Wer sich also keinen Privatunterricht für seinen Nachwuchs leisten kann und seine Jüngsten auch nicht in die zusehends begehrteren zweisprachigen Privatkindergärten oder Schulen schicken will, muss sich ein individuelles Lernprogramm für seine fünfjährige Tochter oder seinen siebenjährigen Filius zusammenstellen.

Viel Auswahl für wenig Geld

Die Buchläden sind gut bestückt mit Angeboten verschiedenster Art: Da gibt es Bücher, Tonbandkassetten mit Sprachübungen und Liedern, zahlreiche CD-Roms und Spiele für die Altersgruppe der Drei- bis Achtjährigen. Preislich bewegt sich das ganze hauptsächlich im Bereich von zwanzig bis fünfzig Franken.

Nun müsste man nur noch wissen, welches Produkt sich für das eigene Kind am besten eignet. Die Verkäufer und Verkäuferinnen erweisen sich schnell einmal als genauso überfordert wie die ratlosen Eltern. Offensichtlich zählt der Bereich Frühenglisch noch nicht zum Kerngeschäft.

Yannick, der das "Versuchskaninchen" spielt, trifft seine eigene Wahl. Das Buch "Englisch kinderleicht" (Langenscheidt) findet er zwar "lässig", weil er es im Rucksack überallhin mitnehmen und auch während einer Zugfahrt durchblättern und studieren kann. Korrektes Lesen aber fällt ihm - naturgemäss - noch schwer. Woher soll er denn wissen, dass "flower" ganz anders ausgesprochen wird, als die Buchstabenfolge ihm nahelegt. Von Wörtern wie "bicycle" oder "thumb" ganz zu schweigen. Schnell einmal ist seine Geduld erschöpft, hastig blättert er noch das ganze Buch durch und hat dann fürs erste genug.

Die Tonbandkassette "Englisch. Ein Kinderspiel", die Übungen enthält und kombiniert mit einem Buch und Spielen abgegeben wird, ist da für ihn schon um einiges attraktiver. Da liegt er am Sonntagmorgen in seinem Bett, schiebt die Kassette selber in den Recorder und plappert munter und noch dazu korrekt die vorgesagten Begriffe und Sätze nach. Dass es zwischendurch auch Lieder gibt, ist ganz nach seinem Geschmack und lässt ihn überraschend lange ausharren. Zum Frühstück begrüsst er seine Eltern vergnügt mit dem frischgelernten Sätzchen: "Hello. How are you?" und gibt auch gleich selber die Antwort: "I am fine."

Mit der Maus am Ball

Was ihm, einem mit dem Computer vertrauten Kind, am besten gefällt, sind die CD-Roms mit den lustigen Figuren, Spielen und Übungen, bunt, tempo- und abwechslungsreich und stets so angelegt, dass er via Maus am Ball bleibt und aktiv miteinbezogen wird. Als er am Sonntag Besuch von einer Schulkollegin hat, schleppt er Rebecca postwendend vor den PC und vergnügt sich mit ihr eine Dreiviertelstunde lang beim gemeinsamen Englischlernen.

Über den Lernerfolg lässt sich bisher noch nicht allzu viel sagen. Sicher ist aber, dass der Achtjährige wirklich Spass an seinem neuen Hobby hat, mühelos englische Wörter und Sätze nachspricht und von sich aus immer wieder darauf drängt, mehr zu lernen.

Über den geschäftlichen Erfolg mit dem Frühenglisch-Angebot weiss Roger Diethelm, Marketing-Leiter der Carlit und Ravensburger AG: "Der Bereich liegt klar im Trend; wir rechnen in den nächsten zwei Jahren mit einem deutlichen Schritt nach vorn." Schon heute erweise sich ihr "Edutainment"- oder "Lernen mit Spass"-Segment, zu dem auch die Fremdsprachen-CD-Rom "Wenn ein Prinz zur Schule geht" gehört, als sehr begehrt: "Die Kombination von einfacher Unterhaltung mit einem edukativen Hintergrund", sagt Diethelm, "entspricht Kindern sehr."

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© Barbara Lukesch