Die Meilen-Millionäre

Manager und Reisestress / März 1997, "Bilanz"

Symbolbild zum Thema Karriere

Manager, die viel und weit reisen, haben viel Prestige - aber auch aussergewöhnlichen Stress und Frust.

Thomas Trüb, Mitglied der Konzernleitung des Ringier-Verlags, legte im vergangenen Jahr rund 200 000 Flugmeilen in der ganzen Welt zurück - verteilt auf 230 Flüge. Der 44jährige Manager, der seine Nächte mehrheitlich in Fünfstern-Hotels verbringt, seine Familie in Marseille nur noch während der Schulferien seiner neunjährigen Tochter sieht, und auch seinen Arbeitsplatz in Zürich abgesehen von drei, vier Tagen pro Monat verwaist zurücklässt, hat sich für das neue Jahr ein bemerkenswertes Ziel gesetzt: Er will die Anzahl seiner Geschäftsflüge auf 200 senken.

Trüb jettet erst seit vier Jahren in derart hoher Kadenz. Dennoch präsentiert er sich als cooler Reiseprofi, der Stress-Situationen wie unvorhergesehene Wartezeiten am Flughafen stoisch über sich ergehen lässt: Er kramt einen Roman hervor oder startet seinen stets präsenten Schachcomputer, schnallt den Walkman an und hört Musik. Als er noch unerfahrener im Reisen gewesen sei, sagt Trüb, habe ihn ein Verkehrsstau auf dem Weg zum Flughafen "tödlich genervt". Inzwischen wisse er, dass die "unnütze Aufregerei" ihn nur Energie und Lebenszeit koste - also weg damit.

Als der Flugkapitän zusammenbrach

Angst vor dem Fliegen hat der Ringier-Mann nicht. Als er am 19. September 1996 im Swissair-Jumbo nach Peking sass, der nach einem Zusammenbruch des Flugkapitäns in Helsinki notlanden musste, behielt Trüb nach eigenem Bekunden die Ruhe. Dabei war er als Sitznachbar der einzigen Ärztin an Bord vor allen anderen über jedes Detail der heiklen Reise informiert. Getragen vom fatalistischen Motto "Runter kommen wir immer" bewahrte er auch die Fassung, als er einst miterlebte, wie ein Blitz mit explosionsartigem Getöse ins Flugzeug einschlug. Etliche seiner Mitreisenden seien in Panik geraten und hätten sich erbrochen.

Mit eisernem Willen beherrscht der Verlagsmanager auch den Jet Lag, die Folgen des Durchquerens unterschiedlicher Zeitzonen. Sobald er das Flugzeug nach Südostasien oder in die USA bestiegen hat, stellt er seine Armbanduhr auf die Lokalzeit seines Reiseziels ein und ist - gemäss eigener Wahrnehmung - "sofort aklimatisiert". Dass die vielen Geschäftsessen, Drinks und die mangelnde sportliche Betätigung ihn immer wieder etliche Kilogramm Übergewicht zulegen liessen, sei die einzige Last, die ihm sein Nomaden-Dasein aufbürde. Alles andere, beteuert der ehemalige Hobby-Triathlet Trüb, nehme er "locker".

Geschäftsreisen bilden einen zentralen Bestandteil der Arbeit vieler Manager und Managerinnen. In international tätigen Unternehmen wie Nestle sind bis zu 40 Prozent der Belegschaft mehrmals pro Jahr im Flugzeug unterwegs; bei ABB werden mehr als 20'000 Tickets jährlich geordert. Auch wenn die berufsbedingten Reisefrequenzen nach wie vor stiegen, sagt der Unternehmensberater Klaus J. Stöhlker, stelle eine rege Reisetätigkeit insbesondere mit interkontinentalen Zielen auch heute noch eine "Auszeichnung" für einen Manager dar: "Wer viel und weit reist, hat viel Macht."

Viel Stress und kaum Schlaf

Aber auch viel Stress. Denn Geschäftsreisen in hoher Kadenz mit mehreren Ortswechseln pro Woche, verbunden mit hohen Erwartungen an die Arbeit des Firmenvertreters sowohl in der Heimat wie im Gastland, sind für nahezu jeden Menschen eine Strapaze. Ständige Hektik, pausenlose Konzentration auf immer wieder neue Gesprächspartner und unvorhergesehene Situationen, kaum Zeit zur Aklimatisierung und Schlafmangel beanspruchen auch jene Männer und Frauen aufs äusserste, die ihre psychische und physische Konstitution als gut bezeichnen.

Doch oft realisieren die Vielflieger die Belastung erst dann, wenn sie sich eine längere Ruhephase gönnen. Guido Tognoni, während elf Jahren als Pressesprecher des Weltfussballverbands Fifa ständig in allen Erdteilen unterwegs, realisierte erst beim Stellenwechsel, dass seine "Batterien leer waren". Das viele Reisen habe ihn dermassen erschöpft, dass er während dreier Monate "eigentlich nur noch geschlafen" habe.

Auch die Neulinge unter den Berufsreisenden sind gegen die Folgen der ständigen Ortswechsel nicht gefeit. Der Zürcher PR-Berater Urs Jenni ist seit einem halben Jahr vermehrt unterwegs. Er hasst Reisetage, an denen er ständig auf Achse ist, noch kurz vor dem Abflug das letzte Telefon erledigt, keine zehn Minuten Zeit hat, um sich im Hotel zu duschen und dann doch wieder wertvolle zwanzig Minuten verliert, wenn er mit dem Taxi zu einem Meeting fährt.

Auch Bianca Lichtenberger, Expertin für Management Development und seit zehn Jahren an Jobs mit bis zu siebzig Prozent Reisetätigkeit gewöhnt, erinnert sich ungern an die frühen Jahre ihres Berufslebens. Damals war sie schon von eintägigen Trips dermassen geschlaucht, dass sie am Abend völlig erschöpft ins Bett sank. "Der reiseungeübte Körper", sagt Lichtenberger, "reagiert wesentlich sensibler auf jede noch so kleine Veränderung der Umgebung."

Nur noch mit Handgepäck

Für Newcomer ist sowieso alles ein Stress. Nervös hetzen sie durch die Flughäfen - auf der Suche nach Check-in und Gate. Angespannt versuchen sie der Stimme aus dem Lautsprecher zu folgen, die von Nebel über London und Verspätungen berichtet. Verzweifelt reagieren sie, wenn ihr Koffer nicht mit ihnen in Hongkong, sondern in Tokio eintrifft. Mit der Zeit reisen auch sie dann nur noch mit Handgepäck. Doch bis sich die richtige Reise-Routine einstellt, will ein gehöriges Stück Anpassungsleistung erbracht sein - und das schafft.

Mit der Zeit entwickeln die Reiseprofis ihre individuellen Stress-Bekämpfungsmethoden. Bianca Lichtenberger spielt den Reisetag bereits am Vorabend einmal gedanklich durch und stellt sich geistig und körperlich darauf ein. Andere wiederum lassen Reisetage nach streng ritualisierten Mustern ablaufen. Da sitzt jeder Schritt, und jeder Handgriff ist programmiert. "Für mich ist hier alles nicht neu", scheinen diese Figuren unentwegt und mit einer gewissen Arroganz zu verkünden. Dabei tun sie doch nichts anderes, als den Reisestress zu reduzieren, indem sie sich auf dem Flughafen Kloten so sicher bewegen wie daheim in der guten Stube.

Doch Geschäftsreisen - insbesondere auch in ferne Länder - bergen Unwägbarkeiten, die kein noch so gewiefter Profi voraussehen und verhindern kann.

Urs Martin Romer, der Geschäftsführer der Zürcher Commerz-Verlag AG, der mindestens einmal pro Woche durch Europa, Asien oder die USA fliegt, kann von etlichen "adrenalinfördernden" Erlebnissen berichten. Das Durchstarten bei verpatzten Landeanflügen, das er schon mehrmals über sich ergehen lassen musste, empfand er stets als "unangenehm"; abgebrochene Startmanöver bereiteten ihm "mulmige Gefühle".

Wirklich hergenommen habe ihn allerdings eine andere Geschichte, die mehr als sechs Jahre zurückliege: Er habe einen bereits gebuchten Flug in einer Alitalia-Maschine in letzter Minute annulieren müssen. Auf der Rückfahrt von Mailand habe er im Autoradio gehört, dass "seine" Maschine beim Landeanflug auf Zürich-Kloten am Stadlerberg zerschellt sei. Da habe er seinen Wagen stoppen und eine halbstündige Pause einlegen müssen: "Ich hatte weiche Knie und zitterte am ganzen Körper." Flugangst, die ihm in den Anfangszeiten seiner beruflichen Reisetätigkeit viele schlaflose Nächte bereitete, habe er heute trotz aller Beinahe-Katastrophen aber keine mehr.

Der Heimvorteil der Businesspartner

Bianca Lichtenberger erlebte 1989 den Studenten-Aufstand auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking mit, der blutig niedergeschlagen wurde. Als erfahrene Globetrotterin staunte sie, wie schlecht ihre männlichen Berufskollegen mit dem administrativen Chaos jener Tage zurechtkamen: "Viele ausländische Geschäftsherren gerieten in Panik und waren heillos überfordert." Im Nachhinein erhalten solche Erlebnisse hohen anekdotischen Wert und machen in den Flughafen-Lounges in verklärter Form die Runde.

Daneben gibt es auch weniger spektakuläre Stressformen, deren Belastung allerdings nicht zu unterschätzen ist. Andreas Brun, internationaler Vertriebsleiter des Software-Anbieters Novell, empfindet es als "streng", dass er als ausländischer Gast "ständig auf fremden Territorium" agieren müsse, während seine Geschäftspartner Heimvorteil besässen. Das fange bei Problemen am Zoll in Dubai an, die er mangels Sprachkenntnissen erst nach nervenaufreibenden Wartereien lösen könne, und reiche bis zu technischen Schwierigkeiten bei der Inbetriebnahme seines PC. All das koste nur ihn Kraft und Energie, während sich seine Verhandlungspartner voll und ganz auf die Gesprächsführung konzentrieren könnten.

Fredy Isler, Management Consultant bei Spencer Stuart, erlebt den Aufenthalt als Repräsentant des eigenen Unternehmens im fremden Land insofern als strapaziös, als dass er "ständig unter Beobachtung" stehe und deshalb "jedes Wort auf die Goldwaage legen" müsse. Geschäftsreisen sind tatsächlich in aller Regel mit hohen Präsenzzeiten verbunden, oftmals ohne Gelegenheit, sich im Verlauf eines langen Tages einmal zurückziehen und entspannen zu können. Einladungen zu Abendessen empfinden viele zwar als "lieb gemeint von den Gastgebern, aber äusserst bemühend." Ganz zu schweigen von der anschliessenden Aufforderung, sich noch einen Schlummertrunk zu genehmigen, der nicht selten zu "Hang-over-Nächten" führe und selbst die beste Kondition erschüttere.

Der Vorteil der Geschäftsfrau

In solchen Situationen kann Monika Villiger einen klaren Frauenbonus ausspielen. Die Exportchefin der familieneigenen Zigarrenfabrik reist während rund sechs Monaten pro Jahr mehrheitlich durch den Mittleren und Fernen Osten. Da sie nichts so sehr hasst wie stundenlange Gelage mit schwerem Essen und viel Alkohol, teilt sie ihren Gastgebern jeweilen höflich mit, sie fühle sich unwohl - und schon hat sie ihre Ruhe. In ihrem Hotelzimmer zieht sich Villiger dann ihre Jeans und Turnschuhe an, bummelt über Märkte in China oder Thailand, besichtigt einen Tempel, geht ins Theater oder Ballet, geniesst eine Nudelsuppe an einem Stand und hat damit wieder genug "für's Gemüt" getan, um die nachfolgenden Arbeitstage professionell zu bewältigen.

Sie nehme ihre Reisen seit jeher locker, sagt die 60jährige, und sei trotz vieler Flüge und langer Auslandaufenthalte "garantiert keine Herzinfarkt-Kandidatin". Sie bedaure oftmals ihre männlichen Kollegen, die unter dem Anspruch stünden, immer fit sein und jeden Barbesuch mitmachen zu müssen.

Allerdings betonen Szenenkenner wie der Unternehmensberater Stöhlker, dass sich die heutige Generation der beruflich schwerbelasteten Manager "die Fress- und Saufgelage früherer Jahre" schlicht nicht mehr leisten könne. Topleute arbeiteten "wie verrückt", und höchstens Reise-Neulinge oder Angehörige des mittleren Kaders seien der Überzeugung, sie könnten, fern von der Heimat, über die Stränge schlagen.

Etliche haben auf ihren Reisen sogar ein besonderes Sensorium für die Bedürfnisse ihres Körpers entwickelt und tragen ihm mehr Sorge als zuvor. Urs Martin Romer weiss aus Erfahrung, dass er Langstreckenflüge am besten übersteht, wenn er keinen Alkohol, dafür aber drei bis fünf Liter Wasser zu sich nimmt. Mit Rücksicht auf seine Verdauung stellt er seine Mahlzeiten in Thailand und Singapur sehr gezielt zusammen. Nach mehreren Stirnhöhlenentzündungen hat er auch den Umgang mit klimatisierten Räumen in tropischen Ländern gelernt. Trotzdem ist der 47jährige überzeugt, dass der Reisestress, dem er sich seit mehr als fünfzehn Jahren aussetzt, ihn eindeutig schneller habe altern lassen.

10 Kilo Gewichtsverlust

Auch Novell-Topmann Andreas Brun musste mitansehen, wie er in der ersten Phase seiner hochtourigen Reisetätigkeit gesundheitlich Schaden nahm. Innert Kürze hatte er zehn Kilogramm an Gewicht verloren. Dieser Entwicklung hat der 35jährige schleunigst Einhalt geboten: Heute nimmt er sich wieder Zeit zum Essen, achtet auf gesunde Ernährung und gönnt sich auch in der Fremde jeden Tag eine Dreiviertelstunde im hoteleigenen Fitness-Raum. Nun hat allerdings nicht nur der Körper seine Wünsche, auch die Seele der Geschäftsreisenden verlangt mitunter ihr Recht. Vor allem an den Abenden im Hotelzimmer, wenn für einmal kein Meeting und kein Geschäftsessen ansteht, wird der eine oder andere von Gefühlen der Einsamkeit befallen, auch wenn das keiner offen zugibt. In solchen Momenten erhalten die Lieben in der Heimat auch mal ein längeres Telefon.

Dass Geschäftsreisende sich ihrer Familie entfremden, Spannungen mit ihren Ehepartnern riskieren und damit rechnen müssen, dass der eigene Hund sie anbellt, wenn sie erschöpft nach Hause kommen, ist den meisten bewusst und löst bei vielen - zumindest vorübergehend - Schuldgefühle aus. Wie sie die Konflikte lösen sollen, wissen sie indessen nicht. "Würde ich weniger reisen", sagt Geschäftsführer Romer, "hätte das auch für meine Familie wirtschaftliche Konsequenzen."

Weiter also im alten Stil. Die Aufenthalte in den anonymen Stadthotels, die sich weltweit verblüffend ähnlich sehen, eignen sich schlecht zum emotionalen Auftanken. Die kleine, charmante Pension mit privatem Touch gibt es praktisch nirgends mehr. Bianca Lichtenberger hat noch "ein, zwei Geheimadressen" in London; Monika Villiger sucht sie an ihren Reisezielen vergebens.

Stattdessen sind die Manager gezwungen, mit den "Hiltons" und "Intercontinentals" dieser Welt vorliebzunehmen. Diese Häuser bieten ihren geschäftsreisenden Kunden, immerhin vierzig bis fünfzig Prozent ihrer Klientel, viel Professionalität: Transfer vom Flughafen und zurück, Zimmer mit grossen Arbeitstischen, mehrere Telefon- und Faxanschlüsse, Service- und Bürocenter mit allen elektronischen Hilfsmitteln, die das moderne Managerherz begehrt.

"Internet bis ans Bett"

"Sachlichkeit statt Betütelung", ist gemäss Rudolf Klapp vom deutschen Institut für Hotelmanagement denn auch die "aktuelle Maxime" der Grosshotellerie. So gesehen sei das Lindner Congress Hotel in Frankfurt richtungsweisend. Es anerbietet sich als Multi-Media-Haus mit dem Slogan "Internet bis ans Bett". Gleichzeitig stellt Klapp einen Trend hin zu Billigketten … l… "Etap" fest, jener Basishotel-Kette, die mit minimalen Mitteln auskommt, nicht mehr als ca. 50 Franken pro Nacht verlangt und damit das Sparbedürfnis der Unternehmen befriedigt.

Zum konsequenten Sparen sind die hiesigen Geschäftsreisenden seit rund zwei Jahren angehalten. Grossfirmen wie ABB und Sulzer, die die gesamte Reisetätigkeit ihrer Angestellten vom Branchenspezialisten Kuoni organisieren lassen, pochen auf Reduktion der Reisespesen. So wird zumindest in Europa statt Business-Class vermehrt Economy geflogen; anstelle von Fünfstern-Hotels müssen es fortan auch Vierstern- oder mitunter gar Dreistern-Häuser tun. ABB erreichte auf diese Art bei gleichbleibender Reisetätigkeit eine stattliche Reduktion ihrer Travel-Kosten von 40 Prozent. In der Regel - so heisst es bei Kuoni - sei mit Sparraten von 25 bis 30 Prozent zu rechnen.

Als Leader auf dem Gebiet der Schweizer Geschäftsreisen beherrscht Kuoni 28 Prozent des Zwei-Milliarden-Franken-Marktes. 300 Mitarbeitende sind zuständig für insgesamt 12'700 Kunden im Bereich Business-Trips und setzen dabei 580 Millionen Franken um, was 30 Prozent des Schweizer Umsatzes von Kuoni entspricht. Damit tritt Kuoni sowohl in den Hotels wie bei den Airlines als Grosseinkäufer auf und kann beträchtliche Preisabschläge erwirken. Beträgt der Normaltarif für ein Hotelzimmer 250 Franken, zahlt der Kuoni-Kunde nur 190. Flugtickets werden dank Kuoni-Vermittlung bis zu 35 Prozent günstiger.

2 Millionen Meilen in einem Jahr

Auch bei der Swissair ist man sich sehr wohl bewusst, dass die Geschäftsreisenden ein Kundensegment darstellen, das besonderer Pflege bedarf. So wurde 1992 das "Qualiflyer-Programm für Vielfliegende" initiiert, das Stammkunden bestimmte Vorrechte einräumt. Es erlaubt ihnen beispielsweise, ihre geflogenen Meilen zu addieren und ab einer bestimmten Marke in Freiflüge oder andere attraktive Events umzusetzen. Der Spitzenreiter des vergangenen Jahres absolvierte 158 Swissair-Flüge und liess sich knapp zwei Millionen Meilen gutschreiben. Allein für 300'000 Meilen hätte er einen Erstklass-Flug rund um die Welt buchen können - immer vorausgesetzt, er verdrängt dabei keine zahlenden Kunden...

Wer 50'000 Meilen pro Jahr zurücklegt, findet zusätzlich Aufnahme im Travel-Club und kommt damit in den Genuss spezieller Dienstleistungen. Er hat Zutritt zu allen 62 Swissair-Lounges auf der ganzen Welt. Die "Vielstflieger unter den Vielfliegern" oder "Barneviks unserer Welt", wie sie Urs Eberhard, Chef des "Qualiflyer-Programms" von Swissair, nennt, werden noch dazu als "Circle"-Mitglieder von Konzernchef Philippe Bruggisser persönlich nominiert und mit noch mehr Benefits und Komfort bedacht.

Doch trotz aller Anstrengungen dräut sowohl den Fluglinien, wie auch den Reiseveranstaltern, Hotels und Mietwagenfirmen Gefahr: "Video- und Internet-Konferenzen werden zu einer drastischen Reduktion der beruflichen Reisetätigkeit führen", prophezeit Christian Scholz, Professor für Organisations- und Personalmanagement in Saarbrücken. Die Technologie sei schon heute vorhanden, aber noch zu teuer und zu aufwendig für den täglichen Gebrauch. Das werde sich aber ändern, glaubt Scholz. Die elektronischen Kommunikationsmittel würden schon bald direkt in die Arbeitsplätze integriert. Nur noch Geschäftskontakte von erster Priorität würden dann noch in persönlichen Begegnungen abgewickelt.

Bis dahin bleibt modernen Managern nichts anderes übrig, als ihre Hassliebe zur globalen Reise zu kultivieren. Klaus J. Stöhlker lässt sich nach einem erfolgreichen Geschäftsabschluss - "zur Feier des Tages" - einen Cognac servieren, streckt die Beine und geniesst den Heimflug. Andreas Brun vermerkt dankbar, dass er sein berufliches Netzwerk dichter knüpfen konnte. Und Monika Villiger schmunzelt in Erinnerung an den Taxi-Fahrer in Fernost. Er sang, extra für die deutschsprachige Kundin, "Sah ein Knab' ein Röslein stehn."

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© Barbara Lukesch