Wenn Neid Karrieren zerstört

Konkurrenz unter Managern / Januar 1997, "Bilanz"

Symbolbild zum Thema Karriere

Unter Managern ist Neid ein unappetitliches Thema und deshalb tabu - was nicht heisst, dass es ihn nicht gibt.

Roland Rasi, der 51jährige promovierte Jurist, kann auf eine Bilderbuchkarriere zurückblicken. Mit knapp vierzig Jahren bekleidete er bereits den Posten eines SKA-Generaldirektors. Drei Jahre später präsidierte er die Bank Leu; 1993 wechselte er in die Konzernleitung des Schweizerischen Bankvereins.

Dabei war Rasi stets mehr als "nur" ein Bankdirektor. Er engagierte sich bei der Frauenförderungs-Initiative "Taten statt Worte" und sponserte mit der Bank Leu das finanziell bedrängte Zürcher Schauspielhaus, "was seinerzeit", so Rasi, "etlichen Leuten quer in den Hals geriet." Gemischte Gefühle löste er auch aus, als er sich für die TV-Unterhaltungssendung "Wetten, dass..." öffentlich als Punk verkleidete. Geradezu verwegen fanden es dann viele, als er es wagte, den grossen Rainer E. Gut, Chef der CS Holding, in einem "Weltwoche"-Interview als "Spinner" zu bezeichnen.

Roland Rasi wurde jahrelang als schillernde Figur wahrgenommen. Für helvetische Verhältnisse erschien er geradezu frech. Seine unübersehbare Medienpräsenz trug ihm bei Stellenwechseln zuweilen die unverhohlene Mahnung ein, sich diesbezüglich doch etwas zurückzuhalten.

Sticheleien im Verborgenen

Der Mann mit dem Schnauzbärtchen, der auf dem Zenit seiner Karriere auch noch eine neue Frau an seiner Seite präsentierte, weckte Neid wie wenig andere - und bekam die Folgen zu spüren. Die einen schmeichelten sich bei ihm ein, ja, "krochen ihm in den Arsch", wie es ein Insider formuliert, und kompensierten ihren Neid, indem auch sie sich ein Stück seines Glanzes einzuleiben versuchten. Die anderen stichelten hinter vorgehaltener Hand, ob es wohl sein übergrosser Selbstdarstellungsdrang oder die fehlende berufliche Auslastung seien, die ihn dermassen die Nähe der Journalisten suchen lasse.

Im Mai dieses Jahres wurde der erfolgsverwöhnte Banker jäh gestoppt. Er musste den SBV, wie er selber sagt, "auf dem Hintergrund einer unerträglichen Situation" verlassen. Jetzt war der Moment gekommen, in dem die Neider - rachedurstig wie sie sind - einen bescheidenen Triumph feiern konnten: Nun schnitten sie Rasi oder bedachten ihn mit Häme und Schadenfreude. Der einstige Topmann war gestürzt und wurde nun mit der Kehrseite der Medaille konfrontiert.

Eidgenossen, weiss der Volksmund, sind Neidgenossen. "Engstirnigkeit, Neid und Eifersucht sind in der Schweiz sehr ausgeprägt", konstatierte denn auch kürzlich der Top-Sanierer Ernst Thomke. "Wir Schweizer sind ein Volk von Neidern", will auch der Zementindustrielle Thomas Schmidheiny festgestellt haben. "Würden wir die Schweizer Wirtschaft von Neid, Missgunst und Angst befreien", prophezeit der Kommunikationstrainer Harry Holzheu, "wären wir sehr bald saniert."

Neid war bei Malik noch nie ein Thema

Obwohl offenbar weitverbreitet und folgenschwer, ist das Thema "Neid und Missgunst" unter Managern tabu. Nicht ein einziges Mal in zwanzig Berufsjahren hat der Unternehmensberater Fredmund Malik mit Kunden oder Kollegen über Neid debattiert. Kein einziges Seminar, nicht ein einziger Weiterbildungs-Workshop, bestätigen Szenenkenner unisono, habe sich dem offensichtlich hochdelikaten Gegenstand angenommen. Noch nie war Neid Objekt einer arbeitswissenschaftlichen Untersuchung. Selbst die weitherum beobachtete Zunahme von Neid und Missgunst in den Zeiten von Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und Restrukturierung hat das Thema nicht in einen "salonfähigen" Gesprächsstoff verwandeln können. Das muss seine Gründe haben.

"Neid", sagt der Psychotherapeut und Managementberater Hans Jellouschek*, "ist ein verpöntes, unappetitliches Gefühl, dessen man sich schämt." Der Manager, der sich dazu bekenne, neidisch zu sein, befürchte, damit Defizite, Schwächen und mangelnde Souveränität einzugestehen und sich in Widerspruch zum Selbstbild der starken, überlegenen und erfolgreichen Führungskraft zu begeben.

Ein solcher Manager steht mit seiner Einschätzung, ob ihm das bewusst ist oder nicht, ganz in der christlichen Tradition. Denn schon das Alte Testament erklärte Neid und Missgunst zu Todsünden und hielt in einem der Zehn Gebote unmissverständlich fest: "Du sollst nicht begehren Deines Nächsten Haus, Weib, Knecht, Magd, Vieh oder alles, was sein ist." Neid, mögen sich die alten Kirchenväter gesagt haben, ist ein derart destruktives Gefühl - da sei Gott vor.

"Neid", konstatiert auch Holzheu, "ist in seiner schlimmsten Ausprägung eine selbstverzehrende und hochzerstörerische Kraft." Auch wenn er versteckt, subtil und auf leisen Sohlen daherkomme, berge er ein sehr aggressives Potential. Lächelnd gratuliere der Neider seinem Konkurrenten zur Beförderung; insgeheim denke er: "Ich bring' dich um." Neidgetrieben bildeten Menschen Koalitionen und versuchten, einen Rivalen wegzumobben. "Auch üble Nachrede", sagt Werbeagentur-Besitzer Walter Bosch, "ist neidgeboren." Von Glück kann der Porsche-Fahrer reden, der "nur" der "Impotenz" verdächtigt wird. Unglücklicher sind all jene Rolls Royce- und Ferrari-Besitzer, denen die Neider die edle Karosserie zerkratzen.

Der Neid auf Curti war riesig

Neid entzündet sich mit Vorliebe am beruflichen, materiellen, aber auch zwischenmenschlichen Erfolg eines anderen. Folglich ist Roland Rasi bei weitem nicht der einzige Schweizer Manager, der in seiner Umgebung Missgunst geweckt hat.

"Gewaltigen Neid", sagt eine Szenenkennerin, "bekam auch ein Beat Curti in 'seinen besten Jahren' zu spüren." Ihm habe man ganz besonders verübelt, dass er eines Tages den schweizerischen Jet Set hinter sich gelassen und seine schönsten Feste in München, Salzburg und Moskau gefeiert habe. Der Stärke des Neids entsprechend habe ihn dann bei seinem beruflichen und gesellschaftlichen "Absturz" auch die "gnadenlose Wucht der Abrechnung und Häme" getroffen.

Im Kreuzfeuer von Neid und Missgunst soll stets auch der ehemalige UTC-Manager Gaudenz Staehelin gestanden sein. Der 60jährige Basler, der mit seinem Namen, seiner Herkunft und Finanzkraft eine ideale Ausgangslage für den beruflichen Aufstieg mitbrachte, galt vielen als Inbegriff desjenigen, "dem der Erfolg in den Schoss gefallen ist und der sich nie besonders anstrengen musste." Zweifel an seinen Management-Fähigkeiten wurden trotzdem erst dann wirklich laut, als er jüngst strauchelte. Jetzt wurde ihm öffentlich die "Hauptschuld am Niedergang des Jelmoli-Konzerns" (Facts) angelastet; plötzlich mokierte man sich darüber, dass Staehelin eine "social secretary", das heisst eine Sekretärin für die Pflege gesellschaftlicher Anlässe, beschäftigt haben soll statt sich dem Fortgang seines Unternehmens zu widmen.

Neid, so wissen Insider, erregt auch der Verleger Jürg Marquard, dem die "in der grauen Kutte der Bescheidenheit daherkommende Schweiz" (Unternehmensberater Klaus J. Stöhlker) verargt, dass er seinen Reichtum und Luxus, seinen Rolls Royce und sein Privatjet mit derart "unverhohlener Freude" zur Schau stellt. Marquard wird gern der Protzerei bezichtigt; da ist dann die vielsagende Rede von "demjenigen, der es offenbar nötig hat."

Ein hohes Salär suggeriert Einfluss

Dabei gilt es zu bedenken, dass materielle Privilegien wie etwa ein Top-Salär weniger als Ausdruck von hoher Kaufkraft denn als symbolischer Gegenwert von Geltung, Macht und Einfluss betrachtet und missgönnt werden. "Der Neider", sagt der deutsche Arbeitswissenschaftler Lutz von Rosenstiel, "ärgert sich nicht primär darüber, dass sich sein besser entlöhnter Kollege mehr kaufen, sondern dass er sich als '250'000 Franken-Mann' besonders wichtig und einflussreich fühlen kann."

Auch firmeninterne Privilegien wie der stärkere Wagen, das grössere Büro mit dem ausladenderen Schreibtisch und den teureren Bildern an der Wand, das Chef-Telefon mit dem direkten Draht ins Ausland, der Parkplatz direkt vor dem Haus oder gar in der geheizten Garage würden nicht etwa wegen des damit verbundenen grösseren Komforts, sondern als sichtbarer Ausdruck von höherem Prestige und Achtung innerhalb der Unternehmenshierarchie beargwöhnt und beneidet.

Anlässe, die sowohl in grossen wie in kleinen Firmen zu Neidbildung mit "Sprengstoff-Charakter" (Werber Walter Bosch) führen können, sind Geschäftsessen. Zum Stein des neidbeladenen Anstosses, so Bosch, werde fast immer die Tischordnung. Wer, so fragten sich dann die Angestellten einer Grossbank argwöhnisch, komme in den Genuss, am selben Tisch wie der neue Generaldirektor zu sitzen, und erhalte damit die Chance, sich in seiner Gegenwart zu profilieren?

Frank Baumann, der Mitinhaber der Werbeagentur "Edelweiss" und TV-"Ventilator", bekam anlässlich der diesjährigen "Tele-Party" zu spüren, wieviel Neid und Missgunst eine als besonders privilegiert empfundene Plazierung auslösen kann. Baumann genoss das Vorrecht, den Abend gemeinsam mit "Tele"-Chefredaktor Klaus Kriesel, TV-Programmdirektor Peter Schellenberg und Ringier-Chef Oscar Frei am Tisch Nummer Drei zu verbringen. "Hintenherum", so Baumann, habe man sich "das Maul verrissen", wieso ausgerechnet er "dermassen" begünstigt worden sei.

Um Missstimmungen dieser Art unter seinen Angestellten zu vermeiden, lässt Bosch die Tischordnung für das jährliche Bosch & Butz-Firmenessen auslosen: "Nur so kann ich sicher sein, dass sich niemand benachteiligt fühlt."

Hohe Medienpräsenz löst Ärger aus

Eine Quelle des Neids, in deren Strudel - so Unternehmensberater Fredmund Malik - selbst "toppste Topmanager" geraten könnten, stelle die Medienpräsenz eines Konkurrenten dar. Am missgünstigsten würden selbstverständlich lobende Erwähnungen in der Presse beäugt, doch selbst ein kritischer Artikel, weiss eine PR-Verantwortliche, werde der "Negierung und dem Totgeschwiegenwerden" vorgezogen.

Kommunikations-Trainer Holzheu hat im Laufe dieses Jahres die Folgen einer überdurchschnittlich grossen Medienpräsenz am eigenen Leib zu spüren bekommen. Kollegen, die er seit mehr als zwanzig Jahre kenne, hätten ihn auf einmal nicht mehr gegrüsst und links liegengelassen.

Einer, der auf Grund seiner Interviews in den Printmedien und im Fernsehen seit langem mit neidvollen Reaktionen konfrontiert ist, ist der Zürcher Aids-Experte Professor Ruedi Lüthy. Anlässlich einer öffentlichen Veranstaltung konnte sich kürzlich denn auch ein Kollege die Bemerkung nicht verkneifen, dass es wohl nicht nötig sei, Professor Lüthy vorzustellen: Er komme ja jeden zweiten Tag in den Medien. Den Grund für solche Reaktionen ortet Lüthy zum einen in der "Befürchtung der Kollegen, dass grosse Medienpräsenz zu Wettbewerbsvorteilen" führen könne. Zum anderen aber empfänden es wohl die meisten auch als "äusserst schmeichelhaft, öffentlich um die eigene Meinung gebeten zu werden". Das gelte als "Ehre" und wer nicht gefragt werde, obwohl auch er glaube, etwas zu sagen zu haben, sei "betupft".

Der öffentliche Auftritt eines Managers, sei es in der TV-"Arena" am Freitagabend oder auch an renommierten Tagungen wie dem Weltwirtschaftsforum in Davos, wird auch nach Einschätzung des St. Galler Unternehmensberaters Rolf Th. Stiefel mit "Kompetenz, Fachwissen und Autorität" gleichgesetzt: "Medienpräsenz, das heisst das öffentliche Sichtbarsein, bedeutet eine Auszeichnung gegenüber den Kollegen."

Der "Chrampfer" erregt keinen Neid

Nun gibt es auch Wirtschaftsführer, die trotz Medienpräsenz, Erfolg und materieller Potenz weit weniger als andere zur Neidbildung anregen. Der frischgebackene Jelmoli-Besitzer Walter Fust soll ein solcher sein. Denn Fust gelte als der Prototyp des "Chrampfers", der auch heute noch selber einen Schraubenzieher in die Hand nehme, um eine Kaffeemaschine zu reparieren. "Fust gönnt man den Erfolg", hält Unternehmensberater Stöhlker fest, "denn er hat ihn sich nach Ansicht der Leute redlich verdient." Bührle-Chef Hans Widmer soll aus anderem Grund gegen Neidattacken gefeit sein: "Asketen wie Widmer, von denen man annimmt, dass sie den ganzen Tag Birchermüesli essen", so ein Branchenkenner, "machen niemanden neidisch."

Den giftigen Stachel des Neides hingegen besonders tief bohren, können all jene, die als "Charismatiker" oder auch "Sonnenkinder dieser Gesellschaft" wahrgenommen werden. Manager, deren Leben schillernd und facettenreich ist, müssen all jene Kollegen, die nichts anderes als Beruf und Karriere im Kopf haben, mit Neid erfüllen. Das mag ein Ernst Thomke sein, der ausgebildete Mediziner, dem nicht nur Intelligenz und Kompetenz attestiert wird, sondern der gleichzeitig als Flugpilot, Skifahrer und Tennisspieler brilliert und als "sinnenfroher Instinktmensch" gilt.

Das mag aber auch Novartis-Chef Daniel Vasella sein, auch er ursprünglich Arzt, der nebst all seiner Talente und Fähigkeiten als "ungeheuer charmant und liebenswürdig" beschrieben wird. Der Titel eines Porträts über ihn brachte es auf den Punkt: "Halbgott zum Anfassen".

Werber Frank Baumann, der nicht erst seit seiner Satiresendung "Ventil" als rotzfrech und vorlaut gilt, weiss schon lange, dass seine Dreistigkeit und Unabhängigkeit, dank der die Agentur auch mal einen Kunden ablehnt, gewisse Leute zur "neidgepeitschten Raserei treiben können." Sätze wie: "Ich mache nur das, was mir Spass macht" können nicht alle ab. Doch den Gipfel von Missgunst und Neid erlebt Baumann, seitdem bekannt ist, dass er demnächst "sozusagen als Hobby und Freizeitspass" eine Spielshow auf dem privaten deutschen Fernsehkanal Sat 1 moderieren wird. "Ist doch klar", grinst Baumann, "da baggern die grossen und etablierten Schweizer TV-Stars seit Jahren um eine solche Chance, und dem Neuling wird sie, halb gegen seinen Willen, hinterhergeworfen."

Eine junge Unternehmerin, die ebenfalls gern als "Frau auf der Sonnenseite des Lebens" bezeichnet und von vielen beneidet wird, ist die Basler Alt-Nationalrätin und "Femmedia ChangeAssist"-Besitzerin Anita Fetz. Hochqualifiziert sei die Wirtschaftshistorikerin, rechnet der Neider, beruflich und politisch erfolgreich, schön, privat glücklich liiert und dann noch direkt, redegewandt und unverfroren. Wenn das nicht ungerecht sei. Was bei einer solchen Betrachtung ausser acht gelassen wird, worauf aber Anita Fetz grossen Wert legt, ist die Tatsache, dass hinter ihrem Erfolg "jahrzehntelange, oftmals sehr harte Arbeit steckt".

Top-Shots sind Projektionsflächen

Doch der Neid ist ein undifferenziertes, unqualifiziertes Gefühl, eine Bauchemotion, die sich nur an der glänzenden Fassade orientiert und gar nicht wissen will, wie es hinter den Kulissen aussieht. Den Neider interessiert es nicht, ob der Topmanager total ausgebrannt oder gar unglücklich ist. Er nimmt nur die Spitzenposition und den vordergründigen Erfolg wahr.

Führungskräfte, sagt Psychotherapeut Jellouschek, eigneten sich denn auch besonders gut als "Projektionsflächen für Phantasien und Idealisierungen" und seien dadurch schnell der Missgunst ausgesetzt. Der hartnäckige Neider sei fixiert auf deren Vorzüge und die Schwächen der eigenen Person. Statt die eigenen Stärken zur Kenntnis zu nehmen oder sich gar zu mehr Eigeninitiative durchzuringen, halte er krampfhaft am Neid als "Kompensation für den eigenen Minderwert" fest.

Neid ist trotz aller Tabuisierung eine menschliche Regung, vor der niemand gefeit ist. Selbst der Financier Tito Tettamanti, der Macht, Geld und eine junge Frau sein eigen nennt, deren Schönheit selbst grosse Säle vor Neid der Frauen und Missgunst der Männer erstarren lässt, soll nicht frei von der "niederen" Regung sein. Tettamanti, sagt einer, der jahrelang mit ihm zusammengearbeitet hat, sei neidisch auf die Jugend. Nur so könne er sich nämlich Tettamantis tiefen Widerwillen erklären, den eigenen Geburtstag wie auch denjenigen anderer überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. "TT", vermutet sein ehemaliger Mitarbeiter, "versucht, sich auf diese Art Alterslosigkeit vorzugaukeln."

"Neid regiert die Schweiz", sagt Harry Holzheu. Der Erfolgreiche mache sich schnell einmal verdächtig im Land des Mittelmasses. Wer sich von der "Masse der grauen Mäuse" abhebt, muss tatsächlich mit Widerstand und Gegenwehr rechnen. Das berühmte "management by champignons", das denjenigen, der den Kopf gerade eben hervorstreckt, radikal zurückstuft, ist verbreitet in unseren Breitengraden.

Die Amerikaner sind anders

Anders dagegen die USA. Dort darf sich der Erfolgreiche noch über seinen Erfolg freuen; dort gibt es Bewunderung, Beifall und Gottes Segen, wenn der Unternehmer die erste Million sein eigen nennt. Im "Land der unbegrenzten Möglichkeiten" ist es auch kein bisschen obszön, über die Höhe des eigenen Gehalts zu reden.

In der Schweiz dagegen wird es nicht zuletzt deshalb tunlichst vermieden, das eigene Einkommen preiszugeben, weil es bei einem Gegenüber Neid wecken könnte. Und das ist hierzulande beinahe so verpönt, wie das Bekenntnis, selber neidisch zu sein. Folglich investiert der Schweizer einen Gutteil seiner Energie auch in die sogenannte "Neidvermeidung".

So fährt der Spitzenmanager mit einem Mittelklassewagen an den Flughafen Zürich Kloten und lässt sich erst in Paris von einem Chauffeur mit Rolls-Royce abholen. Auch ihre wirklich prunkvollen Villen, weiss ein Szenenkenner, halte sich der Schweizer nicht hierzulande, sondern in Südfrankreich. Führungskräfte wie Rückversicherungs-Chef Lukas Mühlemann dosieren ihre Medienauftritte nicht zufällig sehr gezielt. Kommunikationstrainer Holzheu geht sogar soweit, seine Erfolge im Gespräch mit einem Kollegen "herunterzuspielen" und seine dahinterstehende Arbeit und allfällige Probleme "in den Vordergrund zu rücken."

Doch das kann nicht die Lösung sein. "Ein guter Manager", fordert Fredmund Malik, "muss seinen Neid gegenüber anderen unter Kontrolle halten können." Gelinge ihm das nicht, wirke er negativ auf seine Umgebung, sei weder kritikfähig noch in der Lage, seine Mitarbeiter zu motivieren. "Ein solcher Mann", sagt Malik, "müsste seines Postens enthoben werden."

* Jellouschek, Hans. Mit dem Beruf verheiratet. 1996.

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© Barbara Lukesch